Szene aus: »AbendrotBallermann« (2002)  Theater der Assoziativen Logik

Assoziative Schnitte
In Liebfrauentheater-Stücken wird weder die klassische Inhalts- noch die klassische Rollen-Logik vertreten.

Stattdessen werden häufige Rollenänderungen bei ein und derselben SchauspielerIn sowie inhaltliche Sprünge zugelassen.

Die logische Struktur dieser Wechsel ist assoziativ und emotional nachvollziehbar. Strukturales Hilfsmittel der Inszenierung sind Schnitte, wie sie aus dem Film bekannt sind.

Auf diese Weise setzen sich die Stücke zusammen wie etwa Gemälde mit pointillistischer Maltechnik.

Schnitt-Tempo und Schnitt-Rhythmus werden wie im Film zu wesentlichen Bestandteilen der Inszenierung.

Wir nennen das Theater der Assoziativen Logik.

Szene aus: »Therrorie einer Torreroristin« (1994)  Intimität des Spiels – Körperlich denken – Expressiv spielen

Strenge Form – hohe Abstraktion – Intellektuelle Stoffwahl
Schauspielerische Grundlage von Liebfrauentheater-Stücken ist der Mut, Privates und Persönliches öffentlich zu machen.

Eine Entdeckungslust im Bereich des Emotionalen wird hierbei ebenso vorausgesetzt wie die Einsicht, daß lebendiges Theater seinen Ausgangspunkt im Menschsein hat und nicht in formalen Klammern.

Körperlich denken und expressiv spielen scheint uns auf der Bühne wichtiger zu sein als die Entwicklung philosophischer Systeme.

Dies ist keineswegs eine Absage an eine strenge Formalstruktur, eine hohe Abstraktion oder eine intellektuelle Stoffwahl.

Modernes Theater ohne diese drei Grundpfeiler ist ohnehin undenkbar.

Fremdgesteuerte (entweder durch Regie oder Stück-Anlage) Schauspielermarionetten sind unerwünscht, erwünscht sind dagegen talentierte KünstlerInnen, die zum Anfangen bereit, aber keine AnfängerInnen sind.

Szene aus: »Furie eleison« (1996)  Intimität der Mittel

A-Historizität
Im Zweifelsfall wird die große, perfekte oder monumentale Form zugunsten der seelischen Präsenz fallengelassen.

Mit anderen Worten:
Wo der Takt (Kopf) die Rhythmik (Leib) behindert, dort lieber Rhythmen und Irrationalismen.

Der Anspruch, Denkmäler zu setzen, wird zugunsten des Momentan-Flusses fallengelassen.

In diesem Sinn ist die Ästhetik des Liebfrauentheaters auch weiblich; zugespitzt ausgedrückt:

Männer wollen Denkmäler errichten, Frauen gebären Kinder.

Konsequenterweise sind Liebfrauentheater-Stücke grundsätzlich a-historisch, und zwar trotz möglicher Verwendung historischer Vorlagen.

Szene aus: »RehVue en verre« (1999)  Theater als Komposition

Liebfrauentheater-Produktionen
haben den Anspruch, zu ent-täuschen und zu ent-tarnen.

Sie sind angriffslustig, lebensfroh, unsicher, selbstbewußt, intellektuell, sensibel, depressiv, ratlos, jauchzend, farbenbewußt, formenkonkret, zerstörerisch, liebevoll und sexuell.

Darüberhinaus sind Liebfrauentheater-Stücke komponiert, also in erweitertem Sinne Musik.

Szene aus: »Therrorie einer Torreroristin« (1994)  Be-spielbare Bühnenbilder

Nicht-Technische Stückanlage
Die Bühne der Liebfrauentheater-Stücke liegt tendenziell »unten«, frontal, zentralperspektivisch, eingebettet in die Gesamtraum-Situation. Weniger ist an eine Ich-Sage-Und-Du-Schweige-Guckkastenbühne gedacht.

Das Bühnenbild läßt der »lieben Frau« eine Chance, »erschlägt« also nicht die SpielerIn, sondern verschmilzt mit ihr, indem es be-spielbar ist.

Ausstattungstheater, Bühnenbild-Materialschlachten oder Technik-Olympiaden finden nicht statt, und zwar aus der Einsicht, daß diese Schlacht zugunsten des Films schon seit Jahrzehnten verloren ist.

Die Technik im Liebfrauentheater beschränkt sich somit auf das Notwendige.

Liebfrauentheater-Stücke sind mitunter selbstgesetzte und bewußte Überforderungen der beteiligten KünstlerInnen unter Annahme folgenden Axioms:

Szene aus: »Therrorie einer Torreroristin« (1994)  Alles, was denk- oder fühlbar ist, ist auch spielbar.

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